Bei k\u00fcnstlichen Intelligenzen wie Chatbots, Cortana, Siri und Alexa oder den Textrobotern ging es darum, welche Aufgaben sie schon heute f\u00fcr den Menschen \u00fcbernehmen k\u00f6nnen. Nun geht es darum, dass diese Intelligenzen auch beliebige Gestalten annehmen k\u00f6nnen – unabh\u00e4ngig davon, ob die jeweiligen Personen real existieren oder nicht. Man nennt sie Hologramme. Was Star Wars und Star Trek bereits vorweggenommen haben, ist mittlerweile ann\u00e4hernd Realit\u00e4t. Mit dem virtuellen Sprachassistenten Cortana k\u00f6nnen Sie nicht nur reden, sondern sie auch als Hologramm bestaunen. Die pers\u00f6nliche Prinzessin Leia f\u00fcr Zuhause. Und klug ist sie obendrein.<\/p>\n

Wiedererweckung von den Toten als Hologramm<\/h2>\n

Hologramme sind Projektionen von beliebigen Objekten, die sich frei im Raum befinden und ohne weitere Hilfsmittel betrachtet werden k\u00f6nnen. Oder auch Projektionen von den Sehns\u00fcchten der Menschen. Dazu z\u00e4hlt auch die M\u00f6glichkeit der Wiedererweckung von den Toten. Die Rebellion gegen die Endlichkeit scheint eine kleine Schlacht im Krieg zwischen Leben und Tod gewonnen zu haben. Oder auch eine Rebellion gegen die zeitliche und r\u00e4umliche Begrenztheit. Und darin scheint sehr viel Kapital zu stecken, wie der Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer von Hologram USA Alki David prognostiziert: \u201cMit Hologrammen wird sich mehr Geld verdienen lassen als mit Pornografie.\u201d Allerdings stand er mit seiner Meinung viele Jahre allein und die Investoren lie\u00dfen auf sich warten.<\/p>\n

Heute betreten l\u00e4ngst verstorbene Musiker wieder die B\u00fchne wie Michael Jackson oder der 2012 erschossene Rapper Tupac Shakur zusammen mit Snoop Dogg und Dr. Dre. Die Mutter des Rappers gab ihr Einverst\u00e4ndnis zu dieser Wiedererweckung ihres Sohnes. Das geht auch so weit, dass Rockstars schon nicht einmal mehr gelebt haben m\u00fcssen, um die Charts anzuf\u00fchren, wie es bei der virtuellen S\u00e4ngerin Hatsune Miku in Japan der Fall ist.<\/p>\n

Der Tod eines Stars macht ihn zur Legende, das ist nichts Neues. Nun kann sie als Hologramm wieder zur\u00fcckkehren. Das ist nicht nur bei Musikern der Fall, auch andere Emotionen erweckende Idole wie Sportler treten als Hologramme jenseits von lokaler Raum- und Zeitbegrenzung auf.<\/p>\n

Duplikate der Lebenden und des Profits<\/h2>\n

Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm sind im Deutschen Fu\u00dfballmuseum in Dortmund bereits holografisch greifbar; virtuell duplizierte Faberg\u00e8-Eier w\u00e4ren vom Original nicht mehr zu unterscheiden. So wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich die fehlende Unterscheidbarkeit nicht nur mehr auf Eier beschr\u00e4nkt. Fu\u00dfballer der San Francisco 49ers k\u00f6nnen in den USA bereits als Hologramme Pressekonferenzen geben oder die Zuschauer die Traineransprache in der Kabine auf dem Platz selbst miterleben. An der Pressekonferenz zum Audi-Cup nahm nur Ancelotti pers\u00f6nlich teil, Diego Simeone, J\u00fcrgen Klopp und Dieter Nickles erschienen als Hologramm.<\/p>\n

Die Hologrammtechnik wird auch von Personen eingesetzt, die ihre eigene Propaganda damit befeuern wollen, wie es beispielsweise im Wahlkampf stattfindet. Der franz\u00f6sische Politiker Jean-Luc M\u00e9lenchon konnte so an sieben Orten gleichzeitig auftreten und bekam in der Pr\u00e4sidentschaftswahl 2017 in Frankreich immerhin knapp 20% der W\u00e4hlerstimmen.<\/p>\n

Die Anwendungsm\u00f6glichkeiten wachsen in dem Ma\u00dfe, wie die ben\u00f6tigten Ressourcen schrumpfen. 5 Minuten Michael Jackson resurrected ben\u00f6tigte noch ein halbes Jahr, einen erschossenen Rapper auf die B\u00fchne zu bringen \u00fcber 400.000 Dollar. Was damit wiederum verdient sein kann, dar\u00fcber geben schon Rankings Auskunft: Michael Jackson verdiente mit 5 Jahren Grabesruhe \u00fcber 140 Millionen Dollar, Elvis in Graceland 55 Millionen, also unter der Erde, Albert Einstein 11 Millionen, obwohl sein Gehirn bereits zers\u00e4gt und kartografiert worden ist. Mit einer holografischen Wiederbelebung von Einstein k\u00f6nnten allerdings M\u00fctter behaupten, ihr Kind w\u00e4re von Einstein unterrichtet worden. Und hier ist die Frage: Kann man sagen \u201ch\u00f6chstpers\u00f6nlich\u201d?<\/p>\n

Oder wie ist das mit Personsein, Personenw\u00fcrde, Pers\u00f6nlichkeitsrechten und wer darf das posthum verdiente Geld ausgeben? Wie bei jeder rasanten technischen Entwicklung kommen irgendwann mit zeitlicher Verz\u00f6gerung die Fragen nach Moral und danach, ob alles umgesetzt werden darf, was umgesetzt werden kann. Aber so kompliziert muss man es noch gar nicht angehen.<\/p>\n

Das Hologramm in der Hosentasche<\/h2>\n

Im Alltag kennt man Hologramme bereits von Geldscheinen, Reisep\u00e4ssen, Postkarten oder den Kinderb\u00fcchern, bei denen durch ein Verdrehen der Augen 3D-Objekte erscheinen. Die Technik, das ganze auch Smartphone-tauglich zu machen, ist auf dem Vormarsch.<\/p>\n

Aber Sie brauchen kein High-Tech f\u00fcr Ihr pers\u00f6nliches Hologramm. Es reicht eine kleine Anleitung, etwas Fingergeschick und etwas B\u00fcromaterial. Aus den Spiegelungen von vier durchsichtigen Seitenw\u00e4nden wird jedes beliebige Foto von ihrem Smartphone zu einem Hologramm. Das verbl\u00fcffende dabei ist, dass hier aus zwei Dimensionen, also der L\u00e4nge und der Breite des Displays, die dritte Dimension entsteht. Das fotografierte Objekt scheint zu schweben.<\/p>\n

Dieses Prinzip haben Physiker auf das ganze Universum angewandt und meinten, die Gesetze, so wie wir sie kennen, sind eigentlich zweidimensional. F\u00fcr uns stellen sie sich nur dreidimensional dar. Demnach war das Universum einmal ein riesen Hologramm in unseren Augen. Das soll keine Konkurrenztheorie zum Big Bang darstellen. Jedoch kann sich noch keiner erkl\u00e4ren, warum sich das Universum schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnt und wie alles, was im Universum existiert, in dieses winzige Paket des Anfangs reingepasst hat. Wenn Forscher diese Theorie mit Daten f\u00fcttern, passt das erstaunlich gut zu diesen Problemen – zwei Raumdimensionen und die Zeitdimension, mehr br\u00e4uchte man nicht zur Erkl\u00e4rung des Universums. Allerdings gilt das nur f\u00fcr den Anfang. Es kann sein, dass aus einer zun\u00e4chst holografischen dritten Dimension nun eine reale dritte entstanden ist. Wir leben zwar nicht in einem Hologramm, sind aber aus einem entstanden. Andere schon beerdigte Personen enden gerade wieder als Hologramm, ein ewiges Kommen und Gehen.<\/p>\n

Alki David sieht die Zukunft auch vor allem in der Telekommunikation, also alle M\u00f6glichkeiten von Skype, nur jetzt in 3D. Die Gesch\u00e4ftspartner stehen mitten im Raum und k\u00f6nnen an verschiedenen Konferenzen gleichzeitig teilnehmen. Oder wenn es nach Alki ginge, steht in Zukunft auch irgendwo ein holografischer Jurassic Park, sofern sich ein Investor finden lie\u00dfe. Dann k\u00f6nnte man auch zum Greifen nah den Zusammenhang zwischen Dinosauriern und der Frage nach der Henne und dem Ei betrachten, die wir bereits eing\u00e4ngig gekl\u00e4rt hatten.<\/p>\n

Das Hologramm scheint ein sehr m\u00e4chtiges Ph\u00e4nomen zu sein – vom Selbstgebastelten bis zur Welterkl\u00e4rung und zur Auferstehung von den Toten. Moralisch unbedenklich? Jetzt kanns doch noch etwas komplizierter werden.<\/p>\n

Ethik als die holografische 4. Dimension, das Recht am eigenen Hologramm, das Recht eines Holograms?<\/h2>\n

Das Recht am eigenen Hologramm k\u00f6nnte moralisch und juristisch \u00e4hnlich geregelt werden wie das Recht am eigenen Bild, wie es bereits der Fall ist. Schwieriger wird es, wenn das Hologramm selbst sich derart selbstst\u00e4ndig machen k\u00f6nnte, dass es Rechte f\u00fcr die eigene – Projektion, Holografie, Person(?) reklamiert. Das mag nun etwas weit hergeholt klingen. Aber allein die Frage, ob Konzertfans gerne auf ein holografisches Konzert eines Toten gehen w\u00fcrden, wird kontrovers beantwortet. Ist es entw\u00fcrdigend und widerspricht es der menschlichen Bestattungskultur, Tote mit \u00e4hnlicher Ununterscheidbarkeit zum Original wie bei Faberg\u00e9-Eiern als Hologramm wieder unter die Lebenden zu schicken? Oder sind diese Bedenken im Grunde nichts anderes, wie es auch bei anderen Bildnissen von Toten, die auf Kommoden stehen oder als Poster in Teenie-Zimmer h\u00e4ngen, der Fall ist, n\u00e4mlich unbedenklich?<\/p>\n

Wenn Tourmanager einen Toten auf die B\u00fchne schicken als Memorial mit den technischen Mitteln, die daf\u00fcr zur Verf\u00fcgung stehen, ist das Unbehagen noch nicht so ausgepr\u00e4gt. Es kann ja auch Teil der Trauerkultur sein. Im Bereich des Geldmachens wird es schon deutlicher, wenn mit Hologrammen die Karriere eines Stars im w\u00f6rtlichen Sinne \u00fcber den Tod hinaus k\u00fcnstlich verl\u00e4ngert wird. Die Meldung \u00fcber den Tod eines Stars verkommt nur noch zur Randbemerkung – es kann ja \u00fcber den Tod hinaus noch weitergehen. Und die Geldmaschinerie dreht sich auch weiter. Solange nicht den Fans, die die Tickets bezahlen, ein \u00e4hnliches Unwohlsein beschleicht und dem sprichw\u00f6rtlichen Spuk ein Ende bereiten.<\/p>\n

L\u00e4sst sich zu einem Hologramm, das letztlich eine Karikatur darstellt, weil sie das Menschliche der Person nimmt, eine \u00e4hnliche Beziehung aufbauen wie zum Star selbst? Und wenn nein, hat hier das Potential eines Hologramms vielleicht eine Grenze?<\/p>\n

Vermutlich beh\u00e4lt Alvik David Recht, wenn er die gr\u00f6\u00dfere Zukunft der Holografie im Bereich der Telekommunikation sieht. Es muss ja nicht gleich das Kaffeekr\u00e4nzchen mit einem Dinosaurier im Jurassic Park sein. Es reicht auch zun\u00e4chst, mithilfe der holografischen Kommunikation die dunkle Seite der Macht zu besiegen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Hologramme k\u00f6nnen Tote wiedererwecken und das Universum erkl\u00e4ren. MJ verdiente bisher 140 Mio. unter der Erde. Unentdeckte Marketingchancen? Bei k\u00fcnstlichen<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":480,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[78],"tags":[],"class_list":["post-477","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-content-betreuung"],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/477","targetHints":{"allow":["GET"]}}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=477"}],"version-history":[{"count":11,"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/477\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":1082,"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/477\/revisions\/1082"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/480"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=477"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=477"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.braeutigam.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=477"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}